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Männerkleidung
Gründerzeit 1870 - 1890

Jacken und Mäntel
Kürzere Jacken sollten nun für mehr Bewegungsfreiheit sorgen. Die "Norfolkjacke" war etwa oberschenkellang, mit Blasebalgtaschen, einem aufgesteppten Gürtel und mit seitlichen Falten versehen. Meist wurde sie aus Homespun, Donegal oder Tweed gefertigt. Dazu trug man Kniehosen, so genannte "Knickerbocker", farbige, wollene Hemden, gestrickte Strümpfe oder Gamaschen, eine Schirmmütze und eine gemusterte Krawatte.
Der "Gehrock" war ein gerade geschnittenes, untailliertes und gesäßlanges Sakko. In dunkelgrau oder schwarz wurde er als offizieller Anzug von Ministern, Kommerzienräten, Ärzten und Geschäftsleuten getragen.
Als Mantel trug man den schweren, zweireihigen "Ulster". Charakteristisch waren sein gerader Schnitt und seine zwei parallel angeordneten Knopfreihen, die bis zum Kragen reichten, so dass dieser bei Bedarf geschlossen werden konnte. Die Ärmel waren mit fingerbreit abgesteppten, handbreiten Aufschlägen versehen. Der "Chesterfield" hingegen war ein einreihiger, kniekurzer Mantel aus leichtem Stoff. Mit seiner verdeckten Knopfleiste, den eingeschnittenen Klappentaschen und den oft mit Samt besetzten Kragen und Ärmelaufschlägen zählte er zu den beliebtesten Mänteln seiner Zeit.

Oberkleidung
Das Hemd des Mannes war aus gestärktem, schneeweißem Leinen und unterstrich die elegante Kleidung. Durch Maßanfertigung wurde es eng an den Körper geschnitten. Vornehme Herren trugen ein "Chemisett", ein latzartiges Vorhemd aus feiner Baumwolle oder Leinen, das an das Oberhemd geknöpft wurde. Dazu wurde ein Langbinder getragen. Da aber die Bänder des Chemisetts störten, entwickelte es sich bald zum fest angenähten, abgesteiften Brusteinsatz am Oberhemd ohne Kragen. Dieser wurde nun zusätzlich angeknöpft. Die Weste war entweder aus dem gleichen Stoff wie der Anzug, etwas heller oder in dezent gemusterten Stoffen gearbeitet. Gelegentlich wurden die Westen jedoch auch sehr aufwendig gestaltet.

Hosen
Die Hose erhielt Schlaufen am Hosenbund, durch die nun die Hosenträger gezogen wurden, was einen sicheren halt der Hose und der Unterhose ermöglichte. Die sonst schlichten Hosen wurden gelegentlich mittels farbigen Steppnähten oder Stickereien verziert. Die Hosen waren anfangs vom Knie ab nach unten weit geschnitten, jedoch wurden sie später wieder eng. Einfache Bürger trugen äußerst selten Unterbeinkleider.

Anzüge
Der Anzug des Mannes änderte sich kaum, lediglich die Länge des Sakkos variierte ein wenig. Tagsüber wurde ein ein- oder zweireihiger Anzug getragen, wobei Sakko und Hose aus dem gleichem Stoff gefertigt waren. Als Abendanzug trug man den "Cut (Cutaway)", einen Herrenrock der sich aus dem Gehrock entwickelte. Der einreihige Cut war entweder aus schwarzem oder aus dunkelgrauem Tuch gefertigt. Die Schöße des Cuts waren vorn gerade oder abgerundet geschnitten, im Rücken befanden sich die noch heute charakteristischen Teilungsnähte, die von den Armlöchern bis zur Taille reichten. Der große Halsausschnitt, der mit einem stets steigendem Revers versehen war, ermöglichte einen Blick auf die darunter getragene Weste. Um die männliche Figur eindrucksvoller erscheinen zu lassen, wattierte man mittels Einlagen den Schulter- und Brustbereich. Bei offiziellen Anlässen wurde der "Frack" getragen, der mit seinen Goldtressen den militärischen Rang des Herren zeigte. Der Frack war fast ausschließlich aus schwarzem Tuch gefertigt und wurde stets offen getragen. Die Knöpfe des Frackes waren trapezförmig angeordnet und das Revers mit schwarzen seidenen Spiegeln belegt.

Unterkleidung
Die "Untertaille", mit langen Ärmeln versehen, wurden von höher gestellten Bürgern auch an heißen Sommertagen getragen. Um eine bessere Figur zu machen, trugen sie gelegentlich auch eine Gummi-Untertaille, die den Körper in Form brachte. Stoffe und Farben Die Herren trugen bevorzugt Anzüge aus dunklem Flanell, Tweed, Cheviot, Baumwollgabardine oder Homespun. Beliebte Farben in der Herrenkleidung waren dunkle Farben wie Grau, Blau, Braun, und Schwarz, sowie gebrochenes Weiß im Sommer. Als Muster waren kleine Karos und unauffällige schmale Streifen beliebt.

Frisuren und Kopfbedeckungen
Die Haare waren kurz geschnitten und wurden mittels Öl glatt und glänzend an den Kopf gelegt. Das Tragen von Bärten galt als Zeichen von Männlichkeit und drückte die politische Einstellung des Trägers aus. Zu dem gab es zur Pflege des Barthaars zahlreiche Mittelchen wie "Bartpomade", "Bart-Pflege", "Bart-Wichse" und "Bart-Seife".
In der Freizeit trug man vornehmlich sportliche Strohhüte. Der halbkreisförmige, steife "Bowler" und ein weniger hoher Halbzylinder komplettierten die elegante Tageskleidung. Schirmmützen wurden nun auch von den höheren Kreisen als elegante Sport- und Reisekopfbedeckung getragen.

Schuhwerk
Schuhe konnten nun zunehmend industriell gefertigt werden und wurden zu einem Massenartikel. Die geknöpfte, geschnürte oder mit seitlichem Gummieinsatz versehene "Stiefelette" aus schwarzem Leder wurde hauptsächlich bis in die 70er Jahre getragen. Als Abendschuh war sie aus Lackleder gefertigt. Um 1880 wurde sie mit einem farblich abweichenden Einsatz oder gemusterten Schaft aus Tuch oder Leder getragen.
Durch die englische Sportmode kamen bald auch derbe Halbschuhe auf, dessen Nähte durch Lochmuster betont wurden. Ab Anfang der 80er Jahre bezeichnete man alle Halbschuhe "Derby", nach einem englischen Sportschuh, dessen Lochmuster ebenfalls charakteristisch war.

Accessoires
Zum Gehrock trug man ein "Plastron", eine breite Seidenbinde, die vorn auf bestimmte Weise geknotet wurde. Seine losen Enden wurden kreuzweise übereinander gelegt und von einer Perlennadel gehalten. Das Plastron war meist in schwarz, später aber auch in grau oder weiß mit dezentem Muster gehalten. Zur eleganten Herrenkleidung trug man Augengläser, feine Handschuhe, einen Gehstock mit einem verzierten Knauf, sowie ein Tüchlein, das in die Brusttasche des Sakkos oder des Mantels gesteckt wurde oder eine Blume im Knopfloch.



Jacques Joseph Tissot, Tournürenkleidung um 1874

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